Sozialversicherung

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde bei personenbezogenen Ausdrücken auf die zusätzliche Formulierung der weiblichen Form verzichtet. Wir weisen daher an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass die Verwendung der männlichen Form als geschlechtsneutral zu verstehen ist und somit Frauen und Männer gleichermaßen umfasst.

1. Kranken- und Unfallversicherung

Rechtsanwaltsanwärter unterliegen als Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG der gesetzlichen Pflichtversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG). Gemäß § 5 Abs 1 Z 8 ASVG sind sie jedoch von der Vollversicherung nach § 4 ASVG (Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung) ausgenommen und besteht gemäß § 7 Z 1 lit e ASVG lediglich Teilversicherungspflicht in der Kranken- und Unfallversicherung. Rechtsanwaltsanwärter sind somit im Rahmen ihres Dienstverhältnisses bei der zuständigen Gebietskrankenkasse (in der Steiermark: StGKK) und der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) versichert, wobei sich der Versicherungsschutz nach dem ASVG auf die Kranken- und Unfallversicherung beschränkt.

2. Pensionsversicherung

Bis zum Jahr 2010 waren Rechtsanwaltsanwärter nur kranken- und unfallversichert, unterlagen aber keiner gesetzlichen Pensionsversicherungspflicht. Mit 01.01.2011 wurden die Rechtsanwaltsanwärter durch das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2010 (BGBl I 2009/141) in die Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammern einbezogen.

Die auf dem Umlagesystem beruhenden Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammern dienen der Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung (§ 49 Abs 1 RAO). Finanziert werden die Versorgungseinrichtungen im Wesentlichen durch Beiträge der Beitragspflichtigen sowie durch die vom Bund an die Rechtsanwaltskammern geleisteten Beträge aus der Pauschalvergütung gemäß § 47 RAO für die im Rahmen der Verfahrenshilfe erbrachten Leistungen. Beitragspflichtig sind grundsätzlich alle eingetragenen Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (§ 49 Abs 2 RAO).

Rechtsanwaltsanwärter müssen gemäß § 53 Abs 2 RAO nur einen ermäßigten Beitrag zahlen, der sich mindestens auf ein Viertel und höchstens auf die Hälfte des Beitragsteils belaufen darf, der von den eingetragenen Rechtsanwälten tatsächlich zu entrichten ist. In Ansehung der Einkommenssituation ist eine Ermäßigung der Beiträge für Rechtsanwaltsanwärter unumgänglich. Die ermäßigten Beitragszahlungen haben jedoch erhebliche Auswirkungen auf den Erwerb der Versicherungszeiten. Gemäß § 50 Abs 2 Z 2 lit a RAO kann nämlich in den Satzungen vorgesehen werden, dass im Fall der Altersversorgung Beitragsmonate von Rechtsanwaltsanwärtern entsprechend deren geringerer Beitragsleistung nur anteilsmäßig erworben werden können. In diesem Sinne bestimmt § 6 Abs 6 lit a der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil A der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer in der Fassung des Beschlusses der ao. Plenarversammlung vom 7. April 2014 (im Folgenden kurz SVE-A genannt), dass die Monate mit verringerten Beiträgen nur in dem Verhältnis berücksichtigt werden, das dem Verhältnis des zu leistenden Beitrages zum Normbeitrag entspricht.

Die tatsächliche Höhe der Beiträge wird von der Plenarversammlung der jeweiligen Rechtsanwaltskammer in der alljährlich zu beschließenden Umlagenordnung festgesetzt (§ 51 RAO). Teil A Z 2 der in der Plenarversammlung der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 25.11.2014 für das Jahr 2015 beschlossenen Umlagenordnung (im Folgenden kurz UO genannt) bestimmt, dass jeder eingetragene Rechtsanwaltsanwärter zur Aufbringung der Mittel für die Versorgungseinrichtung einen monatlichen Beitrag in Höhe von EUR 275,00 (jährlicher Beitrag: EUR 3.300,00) zu leisten hat. Dieser Betrag entspricht in etwa einem Viertel des von einem Rechtsanwalt zu leistenden Beitrages. Somit erwirbt ein Rechtsanwaltsanwärter in der Altersversorgung erst nach vier Jahren der Beitragszahlung sein erstes Beitragsjahr.

Gemäß § 53 Abs 2 RAO kann in der Umlagenordnung vorgesehen werden, dass die Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter jeweils bei dem Rechtsanwalt einzuheben sind, bei dem sie in praktischer Verwendung stehen. In Entsprechung dieser Bestimmung sieht Teil A Z 2 UO ausdrücklich vor, dass der monatliche Beitrag zur Versorgungseinrichtung beim Ausbildunganwalt einzuheben ist. Dies geschieht jedoch allein aus verwaltungsvereinfachenden Gründen. Zu tragen hat der Rechtsanwaltsanwärter die Beiträge immer selbst. Einen Dienstgeberbeitrag gibt es nicht.

Die Vorschreibung des Beitrages erfolgt quartalsmäßig und ist jeweils am 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und am 15. Oktober eines jeden Jahres zur Zahlung fällig (Teil A Z 7 UO). Grundsätzlich wären daher die Beiträge zur Versorgungseinrichtung nur in den genannten Monaten einzuheben und vom Lohn abzuhiehen. Dies jedoch in dreifacher Höhe des monatlich zu leistenden Betrages. Da dies zu nicht unerheblichen Einkommensschwankungen führen würde, werden die Beiträge in der Praxis oft auch monatlich einbehalten.

Bei den Beiträgen zur Versorgungseinrichtung handelt es sich um Werbungskosten des Rechtsanwaltsanwärters iSd § 16 Abs 1 Z 4 lit e EStG. Als solche sind diese daher bei der laufenden Lohnverrechnung auch zu berücksichtigen. Geschieht dies nicht, besteht die Möglichkeit, zur lohnsteuermindernden Berücksichtigung der Beiträge eine Arbeitnehmerveranlagung zu beantragen.

Die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Versorgungsleistungen werden grundsätzlich in § 50 RAO geregelt. Näheres bestimmten die Satzungen der Versorgungseinrichtungen, wobei für die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer die SVE-A die hier maßgeblichen Vorschriften enthält. Grundbedingung für die Entstehung von Rechtsansprüchen auf Leistungen aus der Versorgungseinrichtung ist die Zurücklegung der jeweils vorgesehenen Wartezeiten (§ 5 Abs 1 SVE-A). Dies gilt grundsätzlich für alle Rentenarten. Im Folgenden soll jedoch nur auf die Altersversorgung näher eingegangen werden.

Die Wartezeit für Ansprüche aus der Altersversorgung beträgt 12 Monate ab Eintragung in die Liste der (niedergelassenen europäischen) Rechtsanwälte (§ 5 Abs 2 SVE-A). Daraus folgt, dass ein Rechtsanwaltsanwärter im Falle seines Ausscheidens aus dem Anwaltsberuf trotz – unter Umständen jahrelanger – Beitragszahlung keinen Anspruch auf Pensionsleistungen aus der Versorgungseinrichtung erwirbt. Bei einem Berufswechsel noch vor Erfüllung der Wartezeit gilt es daher zu bedenken, dass die Beiträge im Hinblick auf die Altersversorgung als umsonst geleistet angesehen werden müssen. Wechselt man später in den Anwaltsberuf zurück, können die Ansprüche freilich wieder aufleben.

Weitere Bedingungen für Ansprüche auf Bezahlung von Altersrenten sind der Erwerb eines Beitragsmonates bei der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer und die Vollendung eines bestimmten Lebensjahres in Bezug auf das jeweilige Geburtsjahr, wobei ein Beitragspflichtiger, der am oder nach dem 01.01.1989 geboren wurde, bereits das 70. Lebensjahr vollendet haben muss, um die Anspruchsvoraussetzungen zu erfüllen (§ 6 Abs 1 lit a und b SVE-A). Unter den in § 6 Abs 2 SVE-A genannten Voraussetzungen besteht jedoch auch die Möglichkeit des Bezugs einer vorzeitigen Altersrente.

Der Vollständigkeit halber ist noch zu erwähnen, dass ein Rechtsanwalt, der bei mehreren Rechtsanwaltskammern eingetragen war, von jeder der betroffenen Versorgungseinrichtungen nur jenen Teil der Versorgungsleistung erhält, der nach der jeweiligen Satzung und Leistungsordnung zu erbringen ist und der dem Verhältnis der Beitragsmonate bei dieser Rechtsanwaltskammer zur Gesamtzahl der Beitragsmonate entspricht.

3. Arbeitslosenversicherung

Dienstnehmer, die in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert sind, unterliegen gemäß § 1 Abs 1 lit a AlVG auch der Arbeitslosenversicherungspflicht. Für Rechtsanwaltsanwärter besteht gemäß § 7 Z 1 lit e ASVG Versicherungspflicht in der Krankenversicherung. Infolgedessen sind sie ex lege auch arbeitslosenversichert und haben bei Erfüllung der Voraussetzungen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass auch Rechtspraktikanten der Arbeitslosenversicherung unterliegen und daher bereits im Rahmen der Gerichtspraxis Versicherungszeiten erworben werden.