Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde bei personenbezogenen Ausdrücken auf die zusätzliche Formulierung der weiblichen Form verzichtet. Wir weisen daher an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass die Verwendung der männlichen Form als geschlechtsneutral zu verstehen ist und somit Frauen und Männer gleichermaßen umfasst.
Die Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes (RL-BA 2015) sehen vor, dass jeder Rechtsanwaltsanwärter im Rahmen seiner Ausbildung Seminare im Gesamtausmaß von 42 Halbtagen zu absolvieren hat (§ 34 Abs 1 RL-BA 2015). Doch innerhalb welchen Zeitraums sind diese abzulegen, wer kommt für die Seminarbeiträge auf und welche Seminare sind überhaupt anrechenbar? Diese und ähnliche Fragen sollen im Folgenden beantwortet werden.
Wann sind die Seminare abzulegen?
Grundsätzlich bleibt es jedem Rechtsanwaltsanwärter (in Absprache mit seinem Ausbildungsanwalt) selbst überlassen, wann die erforderlichen Seminare absolviert werden. Zu beachten ist jedoch, dass für den Erhalt der großen Legitimationsurkunde die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von zumindest 12 Halbtagen (§ 34 Abs 3 RL-BA 2015 iVm § 15 Abs 2 RAO) und für die Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung im Ausmaß von zumindest 24 Halbtagen (§ 34 Abs 2 RL-BA 2015 iVm § 2 Abs 2 RAPG) zwingende Voraussetzung ist. Es empfiehlt sich daher bereits von Anfang an, in regelmäßigen Abständen Seminare zu absolvieren, um später nicht in Zeitnot zu geraten.
Bei gleichmäßiger Aufteilung der erforderlichen Seminarhalbtage auf die gesamte Praxiszeit ergibt sich der Grundsatz, dass alle 4 Monate eine Ausbildungsveranstaltungen im Ausmaß von 3 Halbtagen zu besuchen ist. Diese Vorgehensweise gewährleistet auch, dass die große Legitimationsurkunde ohne Verzögerung ausgestellt und die Rechtsanwaltsprüfung zum frühestmöglichen Zeitpunkt abgelegt werden kann.
Die Seminare finden vorwiegend unter der Arbeitswoche statt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass für den Besuch einer Ausbildungsveranstaltung, die in die Arbeitszeit fällt, Urlaub in Anspruch zu nehmen wäre. § 33 Abs 1 RL-BA 2015 sieht vor, dass der Rechtsanwalt seinen Rechtsanwaltsanwärtern die Teilnahme an Ausbildungsveranstaltungen im gesetzlich erforderlichen Ausmaß und in angemessenem Verhältnis zur Dauer des Dienstverhältnisses zu ermöglichen hat. Fallen daher solche Ausbildungsveranstaltungen in die Normalarbeitszeit des Rechtsanwaltsanwärters, so gilt seine Abwesenheit in der Kanzlei als berechtigte Dienstverhinderung (§ 33 Abs 2 RL-BA 2015).
Welche Seminare sind abzulegen?
Nach § 35 Abs 1 RL-BA 2015 sollen die Seminare der Vorbereitung auf die Rechtsanwaltsprüfung bzw. der Ausbildung zum Rechtsanwalt dienen. Was dies konkret bedeutet, lässt sich den Bestimmungen des Rechtsanwaltsprüfungsgesetzes (RAPG), insbesondere den §§ 1, 13 und 20 RAPG, entnehmen. Demnach sollen neben den für die Berufsausübung erforderlichen „Soft Skills“ nicht nur umfassende Fachkenntnisse aus den unterschiedlichen Rechtsgebieten, sondern auch die Grundlagen des Berufs-, Standes- und Kostenrechtes vermittelt werden. Ungeachtet dieser Vorgaben steht es dem einzelnen Rechtsanwaltsanwärter aber (in Absprache mit seinem Ausbildungsanwalt) frei, inhaltlich jene Seminare auszuwählen, die ihm selbst am nützlichsten erscheinen. Eine Vorgabe, welche Seminare aus welchen Fachbereichen zu absolvieren sind, gibt es nämlich nicht. Nichtsdestotrotz ist es auch bei einer beabsichtigten Spezialisierung im Hinblick auf die Prüfungsvorbereitung ratsam, Seminare aus den unterschiedlichsten Fachbereichen zu besuchen.
Wer bietet Seminare an?
Als Anbieter anrechenbarer Seminare kommt zunächst die Anwaltsakademie (AWAK) mit einer breiten Palette an Seminaren in Betracht. Daneben bieten auch die Universität Graz (unter anderem im Rahmen des Privatrechtlichen Dialoges), die ARS – Akademie für Recht, Steuern & Wirtschaft oder die einzelnen Rechtsanwaltskammern laufend Aus- und Fortbildungsveranstaltungen an, die zum Teil bereits approbiert sind.
Die Teilnahme an der geforderten Anzahl an Seminarhalbtagen muss schriftlich nachgewiesen werden. Wurde ein nicht bereits für die Ausbildung approbiertes Seminar besucht, muss mit der schriftlichen Seminarbesuchsbestätigung bei der Rechtsanwaltskammer gesondert um Anerkennung angesucht werden (§ 28 Abs 1 lit m RAO). Die Teilnahmebestätigung hat hiefür den Veranstalter und Referenten, das Thema und die Art der Ausbildungsveranstaltung sowie das Datum und die Dauer der Ausbildungsveranstaltung zu beinhalten (§ 37 RL-BA 2015). Anrechnungsfähig ist ein Seminarhalbtag, sofern er zumindest 3 Stunden umfasst und den inhaltlichen Vorgaben der Ausbildungsrichtlinie entspricht (§ 36 iVm § 35 RL-BA 2015).
Sofern ungewiss ist, ob das besuchte Seminar bereits approbiert ist, ist diesbezüglich zunächst mit der zuständigen Rechtsanwaltskammer Rücksprache zu halten. Zuständig ist immer jene Rechtsanwaltskammer, in deren Wirkungsbereich das Seminar besucht wurde (§ 36 RL-BA 2015). Sollte tatsächlich noch keine Approbation erfolgt sein, ist nach Absolvierung des Seminares bei der jeweiligen Rechtsanwaltskammer ein entsprechender Antrag zu stellen. Für Anträge bei der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer findet sich im internen Bereich unter dem Menüpunkt „Downloads“ ein Merkblatt. Über die Zugangsdaten zu diesem Bereich verfügt der Ausbildungsanwalt. Aber auch für Rechtsanwaltsanwärter ist ein Zugang eingerichtet. Die eigenen Zugangsdaten können telefonisch bei der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer erfragt werden.
Wer trägt die Kosten für die Seminarteilnahme?
Gemäß § 21b RAO hat der Ausbildungsanwalt für eine umfassende Ausbildung des Rechtsanwaltanwärters zu sorgen. Folglich ordnet § 33 Abs 3 RL-BA 2015 auch an, dass die angemessenen Kosten für die Ausbildungsveranstaltungen (Seminargebühren) in der gesetzlich vorgeschriebenen Anzahl (42 Halbtage) vom Rechtsanwalt zu tragen sind.